Warum die Fraktion DIE LINKE/PARTEI dem vorgelegten Haushalt seine Zustimmung verweigert.

Die Fraktion DIE LINKE/PARTEI im Stadtrat

Dies ist eine Zusammenfassung. Die vollständige Rede findet sich als PDF am Ende der Seite.

 

Dass der Haushalt in Kaiserslautern so aussieht wie er jetzt vor uns liegt, ist das Ergebnis einer rigiden Spar- und Kürzungspolitik von Land und Bund. Wenn der finanzielle Handlungsspielraum des Stadtrates Kaiserslautern nur darin besteht, ein zusätzliches Taubenhaus zu bauen, dann ist die grundgesetzlich verbriefte Finanzhoheit der Kommunen nichts mehr als eine Farce.

 

Teilentschuldung der Kommunen – Die „Partnerschaft zur Entschuldung der Kommunen“ gleicht einer Zwangsehe

Die unzureichenden Verbesserungen durch die Teilentschuldung der Kommunen sind verbunden mit der Forderung einer radikalen Erhöhung der Realsteuersätze, was jegliche städtische Entwicklung erdrosselt. Verstärkt wird diese negative Entwicklung mit der „Partnerschaft zur Entschuldung der Kommunen in Rheinland-Pfalz“. Anders als der euphemistische Name vermuten lässt, ist dies keine Partnerschaft, sondern ein Zwangsinstrument. Die enorme Entlastung durch die Teilentschuldung wird durch die negativen Auflagen in ihr Gegenteil verkehrt.

Es ist schon eine künstlerische Leistung dieser Landesregierung, Verschlechterungen als Verbesserungen darzustellen und ihnen dann solch niedliche Namen wir „Kommunaler Entschuldungsfond“ oder „Partnerschaft zur Entschuldung der Kommunen“ zu geben. Schon beim Kommunalen Entschuldungsfond ging es nicht um eine tatsächliche Entschuldung, sondern nur um eine geringere jährliche Kreditaufnahme, erkauft mit einer rigorosen Spar- und Kürzungspolitik, die trotz Wegfall des KEF weiterbetrieben werden muss und durch den neuen Kommunalen Finanzausgleich und die sogenannte „Partnerschaft“ noch verschärft wird.

In einer Zeit, in der die Wirtschaftsdaten für 2024 weiterhin von einer Rezession ausgehen, die Menschen durch die Inflation weniger Kaufkraft haben und die Erhöhung der Grundsteuer B direkt an die Mieter*innen weitergegeben wird, ist eine Erhöhung der Realsteuern nicht nur absolut kontraproduktiv, sondern verstößt gleich gegen zwei allgemeine Haushaltsgrundsätze des § 93 der Gemeindeordnung Rheinland-Pfalz: der Haushalt soll den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts entsprechen – durch die Erhöhung der Realsteuern tut er genau das Gegenteil – und er soll die stetige Erfüllung der Aufgaben sichern, also nachhaltig sein, was er definitiv nicht ist, da bereits 2025 die Erhöhungen der Hebesätze nicht mehr für einen ausgeglichenen Haushalt ausreichen werden.

Bei dem verfügbaren Einkommen liegt die Stadt Kaiserslautern mit 20.937 Euro in Rheinland-Pfalz auf dem vorletzten Platz, nur um 160 Euro besser als Ludwigshafen. Wir sollten nicht versuchen, dies mit einem Spitzenplatz bei den Realsteuern ausgleichen zu wollen. Darüber hinaus stellt das Innenministerium klar, dass notwendige Investitionskredite bei nicht ausgeglichenen Haushalten versagt werden, selbst wenn die jeweiligen Zweckzuweisungen bewilligt wurden. Somit wird es auch weiterhin keinen Abbau des Investitionsstaus geben können.

 

Rettung des Westpfalzklinikums

Sowohl durch die geplante Krankenhausreform des Gesundheitsministers Lauterbach als auch durch das Agieren der Landesregierung besteht die große Gefahr eines Sterbens vieler Krankenhäuser und somit eine Verschlechterung der Gesundheitsversorgung. Wir müssen als Stadtrat Kaiserslautern alles dafür tun, unser Westpfalz-Klinikum als Maximalversorger zu erhalten und eine bestmögliche medizinische Versorgung zu gewährleisten. Hierzu müssen wir auch einen massiven Druck gegenüber dem Land aufbauen, endlich eine aktive Rolle bei der Rettung der Krankenhäuser zu spielen und nicht passiv dem Sterben zuzuschauen. Medizinische Versorgung gehört zum Grundbedarf und darf nicht Profitinteressen unterworfen werden. Deswegen sind die Fallpauschalen komplett abzuschaffen, die nur dazu führen, dass kranke Menschen in profitable und unprofitable Fälle unterschieden werden. Die Krankenhausfinanzierung muss komplett neu aufgestellt werden, um die bestmögliche medizinische Versorgung bei einer ordentlichen Bezahlung der Beschäftigten und humanen Arbeitsbedingungen zu gewährleisten.

 

Asylpolitik und Finanzen

Am letzten Freitag wurden wir alle von der Vorgehensweise des Landes überrascht, den Kommunen im Jahr 200 Millionen Euro zusätzlich zu den vom Bund bereits zugesagten Geldern im Rahmen des Asylpakets in Höhe von 67,2 Millionen Euro zu gewähren. Was leider vergessen wird ist die Tatsache, dass der Gemeinde- und Städtebund Rheinland-Pfalz zur Kostenerstattung bei der Fluchtaufnahme ein ausführliches Gutachten erstellen ließ. Dieses besagt, dass es einen verfassungsrechtlichen Anspruch der Kommunen auf Vollkostenerstattung gibt und dass eine sofortige Anpassung des Kommunalen Finanzausgleichs erforderlich und die bisherige Praxis der Kostenerstattung unzureichend und verfassungswidrig ist. Trotz der damit einhergehenden Entlastung für 2024 ist dies ein weiteres Zeichen für ein planloses und nicht nachhaltiges Handeln der Landesregierung und nicht mehr als Flickschusterei.

Den Rechtsruck werden Bundes- und Landesregierung nicht durch die Verschärfung der Flüchtlingspolitik aufhalten. Das Problem in Kaiserslautern sind nicht die Geflüchteten, das Problem ist die mangelhafte Finanzierung durch das Land und die verfehlte Wohnungspolitik, die sehenden Auges den drastischen Rückgang der Sozialwohnungen in den letzten Jahrzehnten zur Kenntnis nahm. Die geplanten neuen Abschiebegesetze werden zwar dazu führen, dass Abschiebungen brutaler werden, aber eine Entlastung der Kommunen wird nicht stattfinden. Das Gerede über „illegale Migration“ die zu beschränken sei, ist stigmatisierend und falsch. Es gibt keine „illegale Migration“. Laut der Genfer Flüchtlingskonvention dürfen Menschen, die irregulär einreisen, nicht bestraft werden, wenn sie Schutz suchen. Diese Menschen haben ein verbrieftes Recht, zu kommen und angehört zu werden. An der Wohnungsnot und den fehlenden Sozialwohnungen in Kaiserslautern sind nicht die Geflüchteten schuld, an den maroden Schulen sind nicht die Geflüchteten schuld, an der mangelnden Gesundheitsversorgung sind nicht die Geflüchteten schuld. Das ganze Asylpaket ist ein einziges Ablenkungsmanöver auch unserer Landesregierung von ihrer eigenen verfehlten Politik.

 

Begründung der Ablehnung des vorliegenden Haushalts

Die Fraktion DIE LINKE/PARTEI wird diesem Haushalt nicht zustimmen. Wenn die Landesregierung den Kommunen die grundgesetzliche Hoheit über ihre eigenen Finanzen abspricht und trotz des Urteils der Verfassungsgerichtshofes Rheinland-Pfalz die Finanzausstattung immer stärker beschneidet und zugleich die Kommunen zu einer unerträglichen Spar- und Steuerhöhungspflicht drängt, dann kommt eine Zustimmung zu dem Haushaltsentwurf der Aufgabe unseres kommunalen Mandats gleich.

Mit einer Haushaltsaufstellung unter den gegebenen Umständen ist weder eine soziale Stadtpolitik, eine Umsetzung von notwendigen Klimaschutzmaßnahmen, eine Verkehrswende noch eine zukunftsorientierte Stadtentwicklung möglich. Auch eine notwendige Personalausstattung zur Erfüllung ihrer Aufgaben ist dadurch nicht möglich. Deswegen können wir diesem Sparhaushalt mit den unerträglichen Belastungen für die Einwohner*innen unserer Stadt nicht zustimmen.

Eine repräsentative Umfrage der Körber-Stiftung, die im August 2023 veröffentlicht wurde, zeigt, dass das Vertrauen in die Demokratie und ihrer Institutionen massiv verloren geht. Während im Herbst 2021 ein Drittel (30 Prozent) der Befragten angab, weniger großes oder geringes Vertrauen in die deutsche Demokratie zu haben, stimmen dieser Aussage im Sommer 2023 mehr als die Hälfte der Deutschen (54 Prozent) zu. 71 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass führende Leute in Politik und Medien in ihrer eigenen Welt leben, aus der sie auf den Rest der Bevölkerung herabschauen. 46 Prozent der Deutschen finden, dass es weniger bis gar nicht gerecht im Land zugeht. Zugleich zeigt eine Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung, dass sich ein Teil der gesellschaftlichen Mitte zunehmend von der Demokratie distanziert und das Vertrauen in die Institutionen und das Funktionieren der Demokratie schwindet, verbunden mit in erschreckendem Maße angestiegenen rechtsextremen Einstellungen.

Wenn Sie sich Fragen, warum das so ist: einen Teil der Gründe habe ich in meiner Haushaltsrede angesprochen.

 

- von Stefan Glander (Fraktionsvorsitzender DIE LINKE/PARTEI)

redaktionelle Bearbeitung: Carsten Ondreka

Vollständige Rede