Kultur ist Grundrecht und Lebensmittel – weg mit dem Konstrukt der "freiwilligen Leistungen"!

"Das künstlerische und kulturelle Schaffen ist durch das Land, die Gemeinden und Gemeindeverbände zu pflegen und zu fördern."

- Rheinland-Pfälzische Landesverfassung, Art. 40 (1)

 

Wir erleben hier in Kaiserslautern wieder einmal, welch miserablen Stellenwert Kultur und Kulturförderung besitzen, da der Erhalt der vorhandenen kulturellen Infrastruktur und Kulturförderung als "freiwillige Leistung" abgewertet wird. Kultur ist aber ein unbestreitbarer Faktor, um Menschen zusammenzubringen, Identität zu stiften und die Attraktivität der Stadt nach innen und außen zu zeigen und weiterzuentwickeln.

Die Haushaltssperre auf Grundlage eines nicht genehmigten Haushalts bremst dabei noch die letzten Möglichkeiten aus, eine eigenständige Kulturförderung zu betreiben. Sogar beschlossene Mittel können nicht ausbezahlt werden. Die organisierte freie Kulturszene, aber auch Stadtbibliothek, Musikschulen oder die Fruchthalle müssen schauen, wie sie ohne ihre Anziehungskraft einzubüßen über die Runden kommen.

Dabei ist der Teil des städischen Haushalts, der für Kulturveranstaltungen, Förderung und Bildung zur Verfügung steht, sowieso erbärmlich. Der Kampf für die nicht auskömmlichen 20 000 € im Jahr für die freie Kulturszene zeigt dies auf – immer in der Angst, dass diese Kleinbeträge von der ADD einkassiert werden, da es sich um eine "freiwillige Leistung" handelt. Das muss sich ändern.

Alle Stadt- und Gemeinderäte in Rheinland-Pfalz leisten bei ihrem Amtsantritt den Eid, "die Rechte der kommunalen Selbstverwaltung zu wahren". In dieser Konsequenz verpflichtet sie dieser Eid auch zur Weiterentwicklung von Kultur als Kernelement in der Gestaltung ihrer Stadt.

Kultur ist als Verfassungsgebot konstituierend für unsere Gesellschaft und die darauf aufgebaute Ordnung. Kulturförderung ist eine Investition in die Lebensqualität sowie in die Zukunftsfähigkeit von Städten und Gemeinden. Sie ist Pflichtaufgabe und Lebensmittel. Dazu genügt es nicht, dass sie existiert, sondern sie muss in einem Rahmen gestaltet werden können, der Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben als Menschenrecht ermöglicht.

Auch Sozialtarife wie die vergünstigte Nutzung des ÖPNV sind gestalterische Mittel, um unsere bröckelnde Gesellschaft zusammenzuhalten. Deshalb muss sich die Stadtpolitik dafür stark machen, dass das Konstrukt der "freiwilligen Leistungen" baldmöglichst der Vergangenheit angehört. Dazu sind auch all jene Parteienvertreter*innen in die Pflicht zu nehmen, deren Parteien mittels Regierungsbeteiligung und/oder Landtagssitz eine Änderung dieses Missstands herbeiführen können.

 

Stefan Glander, Fraktionsvorsitzender