Bloß keine Krokodilstränen zum Ende der Untiere-Reihe im SWR

Der Rückzug der Untiere von Kaiserslauterer Bühnen nach 33 Ausgaben von „Ein Untier kommt selten allein“ und den vorherigen Programmen seit 2009 ist ein weiteres Beispiel für die fehlende Wertschätzung der Stadt Kaiserslautern für ihre Künstler und Künstlerinnen.

Da ändert auch der von der Stadt ausgelobte Kulturpreis, den Wolfgang Marschall 2021 in Empfang nehmen durfte, nichts. Er, der nicht nur die Texte für das Untiere-Programm zu verantworten hat, sondern seit Jahrzehnten Texte für unzählige bundesweit bekannte Kabarettisten von Dieter Hildebrandt bis Reiner Kröhnert geschrieben hat und immer noch für das renommierte Kabarett Dusche aus Mannheim tätig ist, ist ein Spezialist seines Fachs und hat mit Marina Tamássy zusammen ein Netzwerk an Künstler*innen im Bereich Kabarett an der Hand, das seinesgleichen sucht.

Eigentlich sind diese beiden, die seit Jahren mit unterschiedlichen Besetzungen die Untiere formten und darüber hinaus als dauerprekärer Eigenbetrieb, immer abhängig von der Anmietung von in Kaiserslautern nicht gerade üppig vorhandenen Locations, Programm um Programm, Veranstaltung nach Veranstaltung schufen und immer wieder neue Gäste nach Kaiserslautern brachten, prädestiniert, eine eigene Wort- und Kabarettbühne zu führen.

Aber anstatt auf die Expertise von einheimischen, über die Stadtgrenzen hinaus bekannten, Künstlern und Künstlerinnen zu setzen, ist diese derzeitig einzige Wortbühne an die Agenturfischer der Kammgarn vergeben, die Dank der ihr anvertrauten Machtfülle über jeden Zweifel erhaben sind, keine Expertise brauchen und über ausreichend Subventionen verfügen. In den letzten Jahren ist von den für die Kulturpolitik Verantwortlichen auch niemand in Erscheinung getreten, an dieser Situation etwas zu ändern.

Dabei bildet der Umgang mit Wolfgang Marschall und den Untieren nur die Spitze des Eisbergs. Die fehlende Unterstützung für das bisher leider einmalige Fotofestival von Jörg Heieck und Thomas Brenner ist da noch anzuführen, genauso wie der unsägliche Umgang mit der Jugend um das zweimalig ausgefallene Jugendfestival.

Zur Zeit wird an der nächsten Blamage gearbeitet, die darin besteht, der organisierten freien Kulturszene im OB-Wahlkampf einen dauerhaften Kulturort auf dem Pfaffgelände zu versprechen, um (Stand jetzt) dies dann stillschweigend politisch ad acta zu legen. Wie schon so oft in der Geschichte der Stadt siegen Investoren und Wirtschaftsinteressen über die aktive Kulturszene.

Da wundert es, dass Kaiserslautern außerhalb der institutionellen Kultur nicht zur Wüste verkommt, dies ist aber nicht der Politik zu verdanken, sondern dem Enthusiasmus der freien Szene in der Stadt. Dass Menschen unter den gegebenen Umständen der Kultur wegen hier herkommen und bleiben, darf aber bezweifelt werden.

 

Carsten Ondreka

(Kulturaktivist und Bürger*innenvertreter für Die Linke im Kulturausschuss)